Was geschah vor über 7.000 Jahren im pfälzischen Herxheim?

Stell dir vor, du spazierst durch ein kleines Dorf in der Pfalz und ahnst nicht, dass unter deinen Füßen ein geheimnisvoller Ort liegt – ein Ort, an dem sich vor über 7.000 Jahren etwas sehr Ungewöhnliches ereignet hat. Willkommen in Herxheim, wo Archäologen auf eine Grabstätte gestoßen sind, die bis heute viele Fragen aufwirft. Hier wurden die Überreste von über 1000 Menschen gefunden. Die Skelette stammen aus der Zeit um 5.000 v. Chr., also aus der Jungsteinzeit, genauer gesagt aus der Zeit der sogenannten Bandkeramiker.

Wer waren die Toten?

Um 5300 v.Chr. erbrauten Menschen aus der Zeit der Bandkeramik eine Siedlung im Westen des heutigen Herxheim. Sie bauten Getreide an, hielten Tiere und lebten in kleinen Dörfern. Um 5000 v. Chr. kam es jedoch zu einem Umbruch. Innerhalb von nur 50 Jahren wurden hier mehr als 1000 Menschen bestattet.

Was die Funde so besonders macht: Die Toten kamen nicht alle aus Herxheim. Untersuchungen zeigen, dass viele aus weit entfernten Gegenden stammten – aus dem Elsass, aus dem heutigen Tschechien, vielleicht sogar aus Süddeutschland. Wie kamen sie also hierher?

Was war besonders an den Knochen?

Die Knochen der Toten waren nicht einfach nur vergraben worden – sie waren zerbrochen, zerschnitten und geordnet abgelegt. Viele Schädel waren zertrümmert, lange Knochen in Stücke gebrochen, und es gab Spuren, die auf Fleischentfernung oder sogar Enthäutung hinweisen. Das klingt erstmal schaurig – und das ist es auch.

Was man nicht fand, waren vollständige Skelette. Stattdessen lagen die Knochen wie nach einem rituellen Mahl oder einer gezielten Zerlegung durcheinander. Es sieht ganz so aus, als hätte man sie absichtlich zerstört – und zwar nicht aus Unachtsamkeit, sondern mit einem bestimmten Ziel.

Was sind die Theorien?

Und hier beginnt das große Rätsel. Warum diese Behandlung der Toten? Dafür gibt es verschiedene Theorien:

  • Ritual und Opfer: Vielleicht handelte es sich um eine Art religiöses oder magisches Ritual. Manche Forscher glauben, die Toten seien Menschenopfer gewesen – gebracht, um Götter oder Geister zu besänftigen.
  • Kannibalismus: Ja, auch das wird diskutiert. Die Schnittspuren und das Fehlen von Weichteilen könnten darauf hinweisen, dass das Fleisch von den Knochen entfernt und möglicherweise gegessen wurde.
  • Kriegsgefangene oder Fremde? Einige denken, die Getöteten seien keine Dorfbewohner gewesen, sondern Gefangene oder Feinde, die nach Herxheim gebracht wurden. Ihre Herkunft aus verschiedenen Regionen könnte das stützen.
  • Totenkult: Eine weitere Theorie ist, dass die Menschen auf besondere Weise mit ihren Verstorbenen umgingen – dass sie sie zerteilten, um bestimmte Körperteile aufzubewahren oder symbolisch weiterzugeben. Vielleicht als Teil eines Ahnenkults. Es ist gut möglich, dass es sich um Sekundärbestattungen handelte: Bandkeramiker aus einem weiten Umkreis gruben die bereits bestatteten Knochen ihrer Ahnen aus und brachten sie nach Herxheim, um sie dort erneut zu bestatten. Dies war in der Steinzeit keine ungewöhnliche Praxis und könnte zum Beispiel bei den Bestattungen in der Jungfernhöhle bei Tiefenellern in der Fränkischen Schweiz eine Rolle gespielt haben. Sicher belegt ist es für das Hypogäum Hal Saflieni auf Malta.

Fazit

Das Grab von Herxheim ist kein gewöhnlicher Fund. Es zeigt uns, dass die Steinzeit viel komplexer war, als wir oft denken. Die Menschen damals lebten nicht nur friedlich in ihren Dörfern – sie hatten Rituale, Glaubensvorstellungen und manchmal auch düstere Praktiken, die wir heute nur schwer nachvollziehen können. Aber genau das macht Orte wie Herxheim so faszinierend.

Wenn du also das nächste Mal durch die Pfalz fährst, denk daran: Unter deinen Füßen könnten uralte Geschichten verborgen sein – von Leben, Tod und den Rätseln der Menschheit.

Das Museum von Herxheim

Informationen über die Funde findest um im Museum von Herxheim.

Öffnungszeiten:

  • Donnerstag & Freitag: 14:00 – 19:00 Uhr
  • Samstag & Sonntag: 11:00 – 18:00 Uhr
  • Dienstag & Mittwoch: nach Vereinbarung
  • Montag: geschlossen

Eintrittspreise:

  • Erwachsene: 4,50 €
  • Ermäßigt: 3,50 € (für Schülerinnen, Studierende, Rentnerinnen, Arbeitssuchende, Menschen mit Behinderung)
  • Familienkarte: 12,00 €