Eine Kreisgrabenanlage bei Magdeburg

Beim Ringheiligtum von Pömmelte handelt es sich um eine so genannte Kreisgrabenanlage, ein Kultplatz vom Ende des dritten Jahrtausends vor Christus. Die Stätte entstand somit zur gleichen Zeit wie Stonehenge in England. Anhand der Pfostenlöcher wurde die Anlage rekonstruiert. Über die damals verwendeten Farben und die Gestalt der Pfeiler kann natürlich nur spekuliert werden. Die Anlage bietet aber die Möglichkeit, sich die Ausmaße besser vorstellen zu können. Eine Aussichtsplattform ermöglicht einen hervorragenden Blick über das Gelände.

Das Ringheiligtum gehört zusammen mit dem Fundort der Himmelsscheibe von Nebra, dem Mittelberg, der Kreisgrabenanlage von Goseck, dem Großsteingrab Langeneichstädt und dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle zur touristischen Straße „Himmelswege“.

Mit der Megalithkultur verbindet man allgemein eher große Steinmonumente wie Stonehenge oder die Steinzeittempel auf Malta oder der Göbekli Tepe in der Türkei. Es wurden in den vergangenen Jahren allerdings immer mehr Spuren von Kultstätten aus Holz entdeckt, sodass unser Verständnis von Megalithbauten erweitert werden muss.

Ringheiligtum Pömmelte – Preise und Öffnungszeiten

Die Anlage ist rund um die Uhr kostenlos zugänglich und liegt in unmittelbarer Nähe zu einem kleinen Flugplatz. Im Aufbau befindet sich ein Besucherzentrum neben der Anlage.

Aufbau und Geschichte der Kultstätte

Die Gesamtanlage hat einen Durchmesser von etwa 115 Meter, der innenliegende Kreisgraben einen Durchmesser von etwa 80 Meter. Der Kreisgraben stammt aus der gleichen Epoche wie andere bekannte Megalith-Bauten und wird auch „Klein-Stonehenge“ genannt.

Die Anlage bestand aus einem äußerer Pfostenring, der partiell mit Gräben umgeben war, einem Ringgraben, der aus einzelnen Gruben bestand, sowie einem inneren Kreisgraben mit Palisade. Im Inneren des Kreisgraben standen zwei Pfostenkränze. Der Kreisgraben verfügt in regelmäßigem Abstand über vier Durchlässe. Die benachbarte Palisadenreihe verkleinert diese Durchlässe beträchtlich. Möglicherweise entstand die Anlage in mehreren Phasen und änderte dementsprechend mehrmals ihr Erscheinungsbild.

Im Kreisgraben fanden sich unregelmäßig verteilt Schachtgruben, die einen röhren- oder zylinderförmigen Innenausbau aufwiesen, der aus Korbgeflecht bestand. In den Schachtgruben wurden im Rahmen ritueller Handlungen Gegenstände deponiert. Dazu gehörten Tongefäße, Steinbeile soeiwe Tier- und auch Menschenknochen. Anschließend wurden die Gruben verfüllt. In einer Grube wurden zwei menschliche Schädel entdeckt. Nachdeponierungen auf der Höhe des Kreisgrabens sprechen für eine längere bzw. mehrmalige Nutzung der Schachtgruben. Es fanden also über einen längeren Zeitraum Rituale statt, die die Deponierung menschlicher Körperteile, vor allem von Schädeln, aber auch von Nahrung und Werkzeugen beinhalteten. Verschiedene dokumentierte Brandschichten deuten darauf hin, dass Feuer bei den Ritualen eine Rolle spielte. Eine Reihe von Bestattungen steht in engem zeitlichen und räumlichen Bezug zur Kreisgrabenanlage, die neben den rituellen Deponierungen offenbar auch dem Totenkult diente.

Eine astronomische Forschungsstätte der Steinzeit?

Kultpfeiler – Versuch einer Annäherung

Ähnlich wie für die Himmelsscheibe von Nebra und das Sonnenobservatorium Goseck ist auch für Pömmelte eine astronomische Komponente belegt. Hier korrespondieren zwei der Zugänge mit Auf- und Untergängen der Sonne zu überlieferten Jahresfesten. Die Struktur mit Wall und Segmentgraben ordnet die Kreisgrabenanlage den „Henge-Monumenten“ zu. Diese sind zwischen der Mitte des 3. Jahrtausends und der Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. in Teilen Europas verbreitet. Pömmelte ist grundsätzlich vergleichbar mit den englischen Henge-Monumenten, Woodhenge und Durrington Walls, die zum Teil in die gleiche Zeit gehören. Derartige Anlagen legen über kulturübergreifende Kulturpraktiken und Glaubensvorstellungen am Ende der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit Zeugnis ab. Die Schachtgruben von Pömmelte sind bisher einzigartig und finden auf dem europäischen Kontinent ihre nächsten Parallelen erst in viel späterer Zeit in den so genannten Kultschächten der späten Bronze- und frühen Eisenzeit.

Die Funde belegen, dass das Ringheiligtum in Pömmelte über Jahrhunderte einen Zentralort für verschiedene archäologische Kulturen darstellte. Die Keramik aus der Fundstätte gehört zur schnurkeramischen Kultur (2800–2100 v. Chr.), zur Glockenbecherkultur (2500–2200 v. Chr.) des ausgehenden Neolithikums und zur Aunjetitzer Kultur (2200–1600 v. Chr.) der frühen Bronzezeit. Der schnurkeramische Anteil ist gering, die Anlage wurde aber bestimmt von den Trägern der Glockenbecher- und der Aunjetitzer Kultur genutzt. Teilweise kommen typische Gefäßformen beider Kulturen vergesellschaftet in den gleichen Gruben vor. Zudem wurden Gefäße gefunden, die sowohl der ausgehenden Glockenbecherkultur, als auch der beginnenden Aunjetitzer Kultur zugerechnet werden können. Der so genannte protoaunjetitzer Horizont bezeichnet das Nachleben spätneolithischer Elemente in der Orientierungsphase der frühen Bronzezeit Mitteldeutschlands. Absolute Datierungen grenzen die zeitliche Einordnung auf 2335–2050 v. Chr. ein, wobei ein zielgerichteter Abbau der Anlage zwischen 2135 und 1985 v. Chr. stattfand, wie kalibrierte 14C-Daten belegen.

Das rituelle Interagieren unterschiedlicher Kulturen bestätigt eine Theorie, die besagt, dass alle Ackerbauern gemeinsame religiöse Wurzeln besitzen. Erstmals liegt mit der Anlage von Pömmelte ein rituell-religiöses Bauwerk der Schnurkeramik- und Glockenbecherkulturen und der Aunjetitzer Kultur in Mitteleuropa vor, die Rückschlüsse auf das Weltbild und die Glaubenswelt dieser für die weitere Entwicklung Europas so entscheidenden Epoche zulässt.

Die Kreisgrabenanlage von Schönebeck

Die Kreisgrabenanlage von Schönebeck hat dieselben Ausmaße wie das Ringheiligtum von Pömmelte und folgt diesem zeitlich direkt nach, das heißt, sie gehört in die entwickelte Aunjetitzer Kultur der frühen Bronzezeit, in der auch die Himmelsscheibe von Nebra entstand. Die Anlage liegt mitten auf einem Acker. Hier erfolgte keine Rekonstruktion – für den Laien gibt es als quasi nichts zu sehen.

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