Doggerwerk, Eingang H

Ein wahrer Lost Place

Im Berg Houbirg bei Happurg befindet sich ein gigantisches Gängesystem: der Doggerstollen, auch Doggerwerk genannt. Dogger ist dabei die Bezeichnung für den gelbbraunen feinkörnigen Sandstein. Die Stollen wurden von KZ-Häftlingen unter unmenschlichen Bedingungen in den Sandstein getrieben. Die Nationalsozialisten planten, hier ein unterirdische Fabrik für BMW-Flugzeugmotoren zu errichten. Da ab 1943 das Bombardement auf oberirdische Rüstungsfabriken der Alliierten immer effektiver wurde, wurden ganze Produktionsstätten in den Untergrund verlegt. Bis Kriegsende mussten die Zwangsarbeiter hier unter unmenschlichen Bedingungen schuften – von 9000 KZ-Insassen überlebten nur etwa 4000. Man kann den Doggerstollen getrost als „wahren“ Lost Place bezeichnen – aufgrund von Sicherheitsbedenken wurden einige Tunnel bereits verfüllt, um Einstürze zu vermeiden – und der Rest der Anlage ist sehr gut gesichert.

Unmenschliche Bedingungen im Doggerwerk

Der Doggerstollen wurde von Mai 1944 bis April 1945 von Häftlingen des KZ-Außenlagers Hersbruck, einem Nebenlager des KZ Flossenbürg (etwa 20 Kilometer nordöstlich von Weiden in der Oberpfalz), in Zwangsarbeit angelegt. Hier sollten kriegswichtige BMW 801-Flugzeugmotoren produziert werden. Die Bauleitung und der SS-Führungsstab befanden sich in Happurg. Der Tarnname war „Esche 1“, jedoch wurde dieser 1945 in Dogger umgewandelt. Die Häftlinge mussten in der Regel zu Fuß die fünf Kilometer lange Strecke vom Barackenlager in Hersbruck zurücklegen. Anschließend arbeiteten sie 12 Stunden im Berg. Im Spiegel-TV-Beitrag „Das unterirdische Reich“ beschreibt ein ehemaliger KZ-Häftling die Arbeitsbedingungen im Walpersberg bei Kahla, Thüringen: Drei Häftlinge mussten Löcher bohren, drei schaufelten, einer brachte den Schutt mit der Lore weg. Auf einem Gerüst wurden zwei bis drei Meter tiefe Löcher in die Decke gebohrt und mit Dynamit gefüllt. Dann wurde gesprengt. Direkt danach mussten die Häftlinge weiterarbeiten und schaufeln. Vor lauter Staub und Gasen konnten sie einander nicht sehen. Im Doggerwerk waren die Bedingungen sicherlich nicht anders. Im Spiegel-Beitrag wird ab Minute 18 auch der Doggerstollen erwähnt.

Happurger Dokuzentrum – rechts daneben geht es zu Eingang H

In Happurg beim Kriegerdenkmal befindet sich ein Dokumentationsort, der auf mehreren Stelen Augenzeugen berichten lässt – und zwar sowohl Häftlinge, Aufseher und Anwohner. Ganz in der Nähe befindet sich auch ein zubetonierter Eingang zum Stollen – lediglich einige Öffnungen darin wurden geschaffen, um Lebensräume für Fledermäuse zu bewahren. Auf einer der Stelen kommt ein Aufseher zu Wort: „Ich habe die Fernbahngleise gebaut. Die Häftlinge, die ich zuerst hatte, sind mir umgefallen, weil die Arbeit für sie zu schwer war. Ich habe zum Transport der Schienen 30 Häftlinge eingesetzt, während ich sonst 9 Mann dazu brauchte. Die Häftlinge sind von Tag zu Tag abgemagert.“

Baubeginn des Stollens war im März 1944, gebaut wurde bis Mai 1945. Am 8. Mai endete der zweite Weltkrieg durch die Kapitulation der Wehrmacht. Es wurde also bis zuletzt gebaut, obwohl die Situation, den Krieg noch zu gewinnen, aussichtlos erscheinen musste. In den letzten Tagen des Krieges wurde das Gelände fluchtartig verlassen – so findet sich in den Stollen teilweise noch immer Dynamit, das zur Sprengung eingesetzt aber nicht mehr gezündet wurde. Die die KZ-Häftlinge sollten von Hersbruck nach Dachau verlegt werden. Dieser Todesmarsch kostete unzähligen das Leben, die durch die schlechte Verpflegung und die harte Arbeit völlig entkräftet waren. Wer nicht mehr laufen konnte, wurde deswegen einfach zurückgelassen. Manche Häftlinge versuchten zu fliehen und wurden dabei erschossen, manchen gelang es aber tatsächlich auch, zu entkommen. Von den 9000 Häftlingen aus Flossenbürg starben etwa 4000 beim Bau der Anlage.

Die Größe des Doggerstollens

Der Plan der Infotafel am Eingang H nahe der Hunnenschlucht

Der Doggerstollen sollte ursprünglich über 100.000 qm Grundfläche verfügen. Davon wurden 15.000 wurden fertig, was einer Länge von 7,5 Kilometern entsprach. Von dieser Strecke wurden jedoch nur 10 Prozent betoniert, der Rest blieb im Rohbau. Deswegen ist das Betreten des Doggerstollens so gefährlich. Jederzeit können Sandsteinblöcke aus der Decke zu Boden fallen, was auch über Tage zu Einstürzen führen kann. Insgesamt wurde eine halbe Million Kubikmeter Doggersandstein aus dem Berg gebrochen. Die Anlage wurde nie benutzt. Immer wieder drohen einzelne Gänge einzustürzen. Diese müssen aufwändig abgesichert und verfüllt werden. Hier gibt es dazu ein Video.

Wer schon einmal vor Ort war, kann sich anhand des Plans die Dimensionen des geplanten Bauwerks vorstellen – schließlich sollten die Gänge von Happurg fast bis Pommelsbrunn reichen!

Weitere Informationen zum Doggerstollen

Besuch des Doggerwerks

Wenn du dir einen oder mehrere der Eingänge des Doggerwerks ansehen möchtest, solltest du gut zu Fuß sein. Ideal lässt sich das Areal im Rahmen einer Wanderung erkunden – beispielsweise zum Hohlen Fels. Parken kannst du beispielsweise am Höhenweg oder am Friedhof – oder natürlich auch am Happurger Stausee, am Kraftwerk oder am Bahnhof.

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