Eldgjá – die Feuerschlucht auf Island

Schauplatz eines der verheerendsten Vulkanausbrüche aller Zeiten

Buchtipp: Wikinger-Roman über den Ausbruch der Eldgja im Jahre 939

Die Sklavin des Kriegers von Runa Valgard – der historische Roman spielt u.a. in Thingvellir, am Kirkjufell, am Gullfoss und bei den Geysiren.

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Der Ausbruch der Eldgja

Kaum eine Naturkatastrophe war für Island und Europa so verheerend wie der Ausbruch der Eldgjá und der Katla zur Zeit der Wikinger im Jahr 939. Die Schlucht Eldgjá liegt im Süden des Hochlandes zwischen Landmannalaugar und Kirkjubæjarklaustur. Sie ist ca. 8 km lang, bis zu 150 Meter tief und bis zu 600 Meter breit und bildet den zentralen Teil der 75 Kilometer langen gleichnamigen Vulkanspalte, die zum Vulkansystem des Zentralvulkans Katla auf Island gehört. Die Schlucht lässt sich mit einem 4×4-Geländewagen oder auf einer Jeeptour gut von Kirkjubaejarklaustur erkunden. Der Ausbruch hatte weitreichende Folgen für Island und ganz Nordeuropa. So wurde die Insel vermutlich unter anderem durch diese Naturkatastrophe bald darauf christianisiert. Der Vulkanausbruch wird wohl auch im Eingangsgedicht der Lieder-Edda erwähnt. Im ersten der Götterlieder, der Weissagung der Seherin (Völuspá) heißt es zum Beispiel:

Schwarz wird die Sonne, die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel schwinden die heitern Sterne.
Glutwirbel umwühlen den allnährenden Weltbaum,
Die heiße Lohe beleckt den Himmel.

Der Ausbruch von Katla und Eldgja muss die Menschen damals schwer getroffen haben. Wenn dieser so schlimm war wie der der Laki-Krater 1783, sind sicherlich auf Island unzählige Menschen gestorben. Beim Laki-Ausbrach kam wohl etwa ein Viertel aller Isländer (ca. 12000) ums Leben.

Vermutliche Abfolge der Ausbruchsserie

Die Feuerschlucht entstand bei einem Ausbruch, der auf das Jahr 939 datiert werden konnte.

Die Ausbruchsserie begann mit einem gewaltigen explosiven Ausbruch am Südwestende der Ausbruchsspalte, die sich unter dem Eis des Mýrdalsjökull befindet. Dies löste Gletscherläufe in östlicher Richtung über den Mýrdalssandur und auch in nördlicher Richtung über den Mælifellssandur aus. Gleichzeitig gab es einen Ausbruch in der Caldera der Katla.
Dem schlossen sich effusive Ausbrüche mit Lavaströmen im nördlich an den Mýrdalsjökull anschließenden eisfreien Teil der Spalte an.

Der Myrdalsjökull – der Gletscher, unter dem sich die Caldera der Katla verbirgt

Der mittlere Teil der Spalte, die eigentliche Schlucht Eldgjá entstand in der nächsten Phase des Ausbruchs. Wie auch beim Ausbruch der Laki-Krater und der Bárðarbunga riss der Boden auf der Länge von mehreren Kilometern auf. Über die gesamte Breite hinweg wurde rote, flüssige Lava in feurigen Fontänen in die Luft geschleudert. Mächtige Lavaströme ergossen sich nach Süden und begruben alles unter sich, was sich ihnen in den Weg stellte.

Schließlich gab es ebenfalls Ausbrüche im Nordosten am Rand des Vatnajökull. Die Ausbrüche dauerten etwa von Frühling 939 bis Herbst 940.

Die ausgeflossene Lavamenge wird auf über 18 Kubikkilometer und die in die Luft geschleuderte Tephra (unverfestigte pyroklastische Ablagerungen*) auf 1,4 Kubikkilometer geschätzt. Zum Vergleich: Beim Ausbruch der Laki-Krater von 1783/84 wurde ein Gesamtvolumen von ungefähr 14,7 km³ basaltischer Lava ausgestoßen, die eine Fläche von 600 km² bedeckte. Die Menge der ausgestoßenen Tephra betrug 0,9 km³ Tephra.

*Pyroklasten sind (Gesteins-)Fragmente, die durch Zerreißen oder Zerbrechen (Fragmentierung) von Gestein oder Magma bei vulkanischen Eruptionen oder anderen vulkanischen Prozessen entstehen.

Berichte aus historischer Zeit über die Folgen des Eldgja-Ausbruchs

In der Chronicon Scotorum, einem irischen Text mit Annalen, wurde
von einer blutroten Sonne berichtet, die vom frühen Morgen bis zum Mittag des folgenden Tages schien. Diese Beobachtung wird auf die mindestens 14 km Höhe erreichende Eruptionssäule der Katla zurückgeführt, die die Stratosphäre erreichte. Berichte der damaligen Zeit schildern einen sehr kalten Winter 939/940 sowie schlechte Ernte und Hungersnöte. Auch in China waren die Auswirkungen deutlich zu spüren. In Ägypten fiel der Nilpegel besonders niedrig aus, in der inneren Mongolei fiel im Sommer 939 Schnee. Zusätzlich kam es nachweislich zu Temperatur- und Niederschlagsschwankungen auf der gesamten Nordhalbkugel .

Einfluss auf die Bevölkerung

Die Auswirkungen auf die Bevölkerung müssen verheerend gewesen sein. Dennoch erwähnt jedoch keine der bekannten isländischen Quellen zum Mittelalter den Ausbruch direkt, weder das Landnahmebuch (Landnámabók) noch das Isländerbuch (Íslendingabók), die Geschichte Islands des Gelehrten Ari fróði. Diese Texte wurden allerdings erst im 11. Jahrhundert verfasst, also wohl erst zweihundert Jahre nach dem Ausbruch.

Möglicherweise spiegeln sich der Ausbruch und seine Folgen, den die frühen Siedler in Island erlebt hatten, in einigen Strophen der Völuspá, dem ersten Götterlied des Codex Regius (Edda).

Dort heißt es unter anderem:

Schwarz wird die Sonne,
die Erde sinkt ins Meer,
Vom Himmel schwinden
Die heitren Sterne.
Glutwirbel umwühlen
den allnährenden Weltbaum
Die heiße Lohe
beleckt den Himmel.

(Übersetzung: Simrock)

Spuren der Eruption

Eldhraun – das Lavafeld der Laki-Krater-Ausbruchsserie 1783

Geologische Befunde belegen, dass es sich beim Ausbruch der Eldgjá um eine der größten Eruptionen in historischer Zeit handelte, mehr noch als der Ausbruch der Lakikrater 1783 und des Tambora von 1815. Sie speiste 219 Millionen Tonnen Schwefeldioxid in die Atmosphäre ein, wo sie mit Wasser und Sauerstoff reagierten und zu 450 Mill. Tonnen Schwefelsäure wurden. Die Aerosole müssen einen Großteil der Nördlichen Hemisphäre bedeckt haben. Heute ist vom Lavafeld nichts mehr zu sehen, weil dies bei dem Ausbruch der Laki-Krater unter dem neuen Lavastrom begraben wurde.

Die Laki-Krater naher der Eldgjá

Ein Besuch in der Feuerschlucht

Die Eldgjá lässt sich heute von Kirkjubaejarklaustur mit einem Geländewagen (4×4) erreichen. Dabei müssen mehrere Flüsse durchquert werden. Die Piste führt über Landmannalaugar weiter an das südliche Ende der Sprengisandur-Hochlandpiste. Nordöstlich der Eldgjá liegen die Laki-Krater. Hier kam es im Jahr 1783 ebenfalls zu einem verheerenden Ausbruch mit zahlreichen Toten in ganz Europa, vor allem durch das Austreten giftiger Gase. Die Laki-Krater gehören allerdings nicht zum Vulkansystem der Katla, sondern zum Grimsvötn unter dem Gletscher Vatnajökull. Sehenswert ist der Wasserfall Ófærufoss. Er war früher über eine Naturbrücke zu überqueren, die allerdings infolge der Schneeschmelze im Winter 1992/1993 einstürzte.

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