Industriekultur in Reinform
Die Halden im Ruhrgebiet entstanden vor allem als Bergehalden des Ruhrbergbaus. Einige Halden überragen ihre Umgebung um mehr als 100 Meter und gehören zu den höchsten Erhebungen im nördlichen Ruhrgebiet. Nachdem das letzte Bergwerk 2018 stillgelegt wurden und die Halden ihre Funktion nicht mehr erfüllen müssen, wurden teilweise spektakuläre Skulpturen darauf installiert. Zu den schönsten gehören Tiger & Turtle in Duisburg, die Himmelstreppe auf der Halde Rheinelbe und der Tetraeder von Bottrop.
Halde Beckstraße mit der Installation Tetraeder
Die Halde Beckstraße ist eine Bergehalde in Form eines Tafelbergs des Bergwerks Prosper-Haniel in Bottrop, die zwischen 1963 und 1980 enstand. Seit dem 2. Oktober 1995 ist sie aus der Bergaufsicht entlassen und Eigentum des Regionalverbands Ruhr. Das Haldenvolumen beträgt 11,8 Mio m³. Die Halde überragt ihre Umgebung um 80 Meter, ihre Gipfelhöhe beträgt 110 Meter über NN.
Haldenereignis Emscherblick mit dem Tetraeder
Auf der Halde Beckstraße befindet sich der begehbare, etwa 60 Meter hohe Tetraeder. Die Stahlkonstruktion ruht auf vier 9 Meter hohen Betonpfeilern und befindet sich auf der Kuppe der ca. 120 Meter hohen Halde an der Beckstraße. So wie andere Ruhrgebietshalden, ist der Tetraeder Teil der Route der Industriekultur.
Tiger & Turtle, Duisburg
Die Installation Tiger & Turtle steht auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe in Duisburg-Angerhausen im 14 Hektar großen Angerpark. Dieser besteht aus der ehemaligen Schlackenhalde der Metallhütte Duisburg und einigen angrenzenden Sanierungsflächen, die abgedichtet und renaturiert wurden. Das Volumen der Halde beträgt etwa eine Million Kubikmeter, die Standfläche 90.000 Quadratmeter. Die Höhe über dem Straßenniveau beträgt 35 Meter. Das Wegenetz auf der Halde ist 2,7 km lang.
Während der Deponieschließung von 2006 bis 2008 wurden insgesamt 1,8 Millionen Tonnen Material bewegt. Zum Abdichten des Deponiegeländes dienen 3 Meter unter der Oberfläche des Schuttmaterials angebrachte, 2,5 Millimeter starke, langzeitbeständige Kunststoffdichtungsbahnen. Das mehrlagige Abdichtungssystem wird durch Geotextilien geschützt, darüber ist ein Drainagesystem zur Entwässerung angebracht. Den Abschluss bildet eine mehr als 2 Meter dicke Schicht mit natürlichem Boden.
Die Installation Tiger & Turtle
2011 wurde die einer Achterbahn nachempfundene Großskulptur vom Künstlerduo Heike Mutter und Ulrich Genth auf dem Haldengipfel aufgestellt. Die Skulptur ist 20 Meter hoch, der höchste begehbare Punkt liegt 13 Meter über dem Niveau der Deponie. Nachts wird sie mit 880 LED-Lampen beleuchtet, bei schlechtem Wetter oder Glatteis wird der Zugang verschlossen, der Looping selbst darf nicht begangen werden. Die Baukosten betrugen insgesamt 2 Millionen Euro.
Die Halde Rheinelbe mit der Himmelstreppe
Die Halde Rheinelbe ist eine ca. 100 m ü. NHN hohe[1] begeh- und befahrbare Bergehalde in Gelsenkirchen-Ückendorf. Sie befindet sich dort an der Leithestraße nahe dem Halfmannshof. Die Halde wurde während der Betriebszeit der Zeche Rheinelbe bis zur Schließung im Jahre 1928 aufgeschüttet. Auch danach wurde die Halde weiter genutzt, insbesondere als Quelle für Baustoff und für weitere Aufschüttungen. 1999 erfolgte schließlich die letzte Aufschüttung und damit die Beendigung der typischen Funktion einer Halde.
Rheinelbe gehört zu den brennenden Halden. Im Abraum befinden sich auch Kohlereste; diese reagieren exotherm mit dem Luftsauerstoff, der ins Innere der Halde vordringt, und wegen des Wärmestaus kommt es schließlich zur Selbstentzündung. Es wurden Temperaturen bis zu 400 Grad Celsius gemessen.
ie Halde Rheinelbe ist bei Dirt-Bike-, Downhill- und Freeride-Fahrern sehr beliebt, die sich im Laufe der Zeit diverse Strecken außerhalb der normalen Wege gebaut haben.
Skulpturenwald mit Himmelstreppe
Seit Anfang der 1990er Jahre ließ der Künstler Herman Prigann auf der Halde und im umgebenden Gelände einen „Skulpturenwald“ entstehen, manchmal auch „Skulpturenpark“ genannt (nicht zu verwechseln mit den Holzskulpturen auf der Halde Haniel). Abfall-Materialien des Industriezeitalters wie Mauerstücke, Betonblöcke und alte Stahlteile bilden in Verbindung mit Naturmaterialien wie Eichenstämmen und Kies archaische Landschafts-Skulpturen.
Der eigentliche Haldenberg ist mit spiralförmig angelegten Wegen erschlossen. Darauf thront die weithin sichtbare Himmelstreppe, ein zehn Meter hoher Aufbau aus schweren Betonblöcken.
Die Große Treppe, gesetzt aus verschiedenen Trümmerstücken, führt auf einen anderen Berggipfel. Dort befindet sich die Skulptur Mondholzaus wuchtigen verschraubten Baumstämmen.
Weitere Halden im Ruhrgebiet
Insgesamt gibt es mehr als 30 Halden im Ruhrgebiet. Interessant ist zum Beispiel auch die Halde Hoheward mit Sonnenuhr mit Obelisk und Horizontobservatorium. Dieses ist zurzeit jedoch wegen Konstruktionsschäden eingezäunt und es bleibt fraglich, ob es je wieder geöffnet oder doch eher abgerissen wird, da die Renovierungskosten die bisherigen Baukosten noch einmal deutlich überschreiten könnten.
Auf der Halde Schwerin bei Castrop-Rauxel ist ebenfalls eine Sonnenuhr installiert.