Die Geschichte Syriens

Damaskus Hamidiyye

Damaskus – Beginn des Suq al-Hamidiyye

Syriens bewegte Geschichte

Syrien wird oft die Wiege der Zivilisation genannt. Hier entstanden schon sehr früh mächtige Reiche und Städte. Wichtige Handelswege wie die Seidenstraße führten durch Syrien und ermöglichten einen Warenaustausch vom Mittelmeer bis nach China. Hier entstand auch das erste Alphabet. Seine geographische Lage machte Syrien aber auch verwundbar und viele Angreifer eroberten immer wieder Teile des Landes.

Der Beginn der Zivilisation

Um das Jahr 9000 vor Chr begannen die Menschen, sesshaft zu werden. Sie gaben das Nomadenleben auf und ließen sich – zumeist an Flüssen und am Meer – nieder, um Ackerbau zu betreiben. Mit der Zeit entwickelten die Menschen erste Werkzeuge aus Bronze und Kupfer und die ersten Handelsbeziehungen zwischen den Siedlungen wurden geknüpft.

Die Königreiche von Ebla und Mari gehörten zu dieser Ära. Sie wurden wohl bereits im vierten Jahrtausend vor Christus besiedelt. In beiden Städten wurden in einer umständlichen Silbenschrift beschriebene Tontafeln gefunden, die über die Lebensweise der Bewohner Aufschluss geben. Ebla beherrschte zeitweise ganz Syrien; durch die immer besser ausgebauten Handelsbeziehungen zu Mesopotamien wuchs der Wohlstand beständig. Der Konkurrenzkampf beider Reiche schwächte sie letztendlich jedoch so sehr, dass die aus Mesopotamien stammenden Akkader leichtes Spiel hatten und beide Reiche um 2300 v.Chr zerstörten. Die Akkader brachten die semitische Sprache mit sich, die die Basis für das Phönizische, Aramäische, Hebräische und Arabische wurde.

Ihre Vorherrschaft war jedoch nicht von langer Dauer – sie wurden von den Amoritern verdrängt, die ab 2100 v.Chr im Norden Syriens eigene Stadtstaaten errichteten. 1950 v.Chr errichtete eine Greuppe der Amoriter Ebla neu und befestigten die Stadt. Das amoritische Reich von Yamkhad, aus dem Gebiet Aleppos, war jedoch wirtschaftlich erfolgreicher, sodass Ebla immer bedeutungsloser wurde.

Mari wurde ab 1800 v.Chr ebenfallsvon einer amoritischen Dynastie beherrscht und erklebte einen wirtschaftlichen Aufschwung, bis es 1750 v.Chr schließlich vom babylonischen Herrscher Hammurabi zerstört wurde. Syriens wichtige Handelszentren verlagerten sich daraufhin in den Westen.

Hethitertempel Ain Dara

Hethitertempel Ain Dara

Die Hethither

Ab 1380 beherrschten die Hethiter aus Kleinasien das Land. Sie errichteten neue Städte im Norden Syriens und wurden so mächtig, dass die Ägypter, die seit Jahrzenten Einfluss auf den Westen Syriens nahmen, mit einer gewaltigen Streitmacht nach Syrien zogen. 1285 v. Chr kam es zur entscheidenden Schlacht bei Kadesh (bei Homs), in der die Hethiter gewannen.

In dieser Zeit entstanden an der Mittelmeerküste Handelsstaaten wie Ugarit. In der von Semiten bewohnten Stadt entwickelte sich im 14. Jh das erste Alphabet der Menschheit: die unpraktische Silbenschrift wurde durch 30 Zeichen ersetzt.

Von 1200 -853 v.Chr. Kamen durch ausgedehnte Völkerwanderung Seevölker aus der Ägäis nach Syrien. Sie vernichteten das Reich der Hethiter und kleine Stadtstaaten, bis sie schließlich von den Ägyptern besiegt wurden. In dieser Zeit entstanden kleine Fürstentürmer wie das von Ain Dara im Norden Aleppos, dessen Tempel immernoch besichtigt werden kann.

Aramäer, Assyrer, Neubabylonier und Perser

Aus dem Osten rückte eine neue Macht nach Syrien: Die Aramäer. Sie errichteten Fürstentümer in Damaskus, Hama und Aleppo und brachten die aramäische Sprache nach Syrien. Das Aramäische wurde lange Zeit die führende Sprache im Handel und der Diplomatie. Auch Jesus sprach, fast 1000 Jahre später, noch einen aramäischen Dialekt. Auch heute noch gibt es einige Muttersprachler des Aramäischen, zum Beispiel in Maalula nahe Damaskus.

Etwa 856 v.Chr eroberten die Assyrer unter Salamanassar III den Norden Syriens und gewannen Kontrolle über das Euphratgebiet. 745 v.Chr gelang es ihnen, weitere Teile zu erobern und die aramäischen Fürstentümer zu unterwerfen. Hama wurde dabei eines der wichtigsten assyrischen Fürstentümer. Im Jahre 612 v.Chr wurden sie jedoch bereits wieder von den Neubabyloniern aus Mesopotamien unterworfen, die allerdings keinen großen Einfluss auf Syrien nahmen.

539 v.Chr wurde Syrien ein Teil des persischen Achämidenreiches. Die Perser nahmen die syrischen Dynasthien mehr als Bundesgenossen denn als Feinde und so besaß Syrien ein gewisses Maß an Autonomie. Neue Küstenstädte wie Amrit wurden befestigt, das Aramäische blieb die Verwaltungssprache.

Die Griechen

333 v.Chr zerschlug Alexander der Große das Perserreich. Nach seinem Tod 323 v.Chr musste die Nachfolge erst geregelt werden, was bis 312 v.Chr andauerte. Schließlich übernahm SeleukosI die Macht in Syrien. Er gründete zahlreiche Städte wie Dura Europos und Apamea und seine Herrschaft dehnte sich bis an den Indus aus.

Seine Nachfahren kämpften im Süden gegen die Ptolemäer, die ebenfalls auf einen Feldherren Alexander des Großen zurückgingen, und großen Einfluss auf Damaskus und den Hauran – eine bergige Region in Südsyrien -gewonnen hatten, sowie gegen die Parther, die im Osten erstarkt waren. Mitte des dritten Jahrhunderts hatten sie bereits die Ostprovinzen des Seleukidenreiches erobert; 113 v.Chr nahmen sie Dura Europos ein.

Tetrapylon in Palmyra

Tetrapylon in Palmyra

Die Römer

Schließlich waren es jedoch die Römer, die 64. v.Chr unter Pompei Syrien besetzten und 400 Jahre lang das Gebiet beherrschten. Die ersten hundert Jahre kämpften die Römer mit den Parthern, bis sie 68 n.Chr unter Kaiser Vespasian das Reich stabilisieren konnten. Syrien erlebte eine Blütezeit, Palmyra und andere Siedlungen wurden ausgebaut und neue Städte gegründet. Unter Kaisar Trajan wurde das südliche Syrien zur eigenständigen Provinz Arabia, nach den umherstreienden Nomaden, die sich selbst Araber nannten. Bosra war die Provinzhauptstadt.

Unter Mark Aurel wurden die Grenzen weiter ausgedehnt. Im Jahre 244 erbaute der aus Syrien stammende römische Kaiser Phillippus Arabus die Stadt Philippopolis, das heutige Shahba. Währenddessen versuchten die Sassaniden, die mittlerweile die Parther gestürzt hatten, den Osten Syriens zu erobern. Erst der Lokalherrscher Odainat aus Palmyra war in der Lage, sie in den Iran zurückzudrängen. Nach seiner Ermordung 267 herrschte seine Frau Zenobia, die sich ein eigenes Großreich schuf, das von Ägypten bis Anatolien reichte. Bereits 272 wurde sie jedoch von den Römern besiegt und gefangengenommen, die schießlich einen Friedensvertrag mit den Sassaniden schlossen.

Die Byzantiner

313 führte Kaiser Konstantin die Religionsfreiheit im römischen Reich ein und verlegte die Hauptstadt nach Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, das zwischenzeitlich Byzanz genannt wurde. Thedosius machte das Christentum wenig später zur Staatsreligion. Nach seinem Tod 395 spaltete sich das römische Reich in das weströmische und das oströmische Reich.

Byzanz war die Hauptstadt des oströmischen Reiches geworden, dem Syrien nun unterstand. In dieser Zeit wurden neue Städte wie die „Toten Städte“ von Ma’arrat an-Numan bei Idlib erbaut; es entstanden außerdem große Kirchen wie die Basilika in ar-Resafa. Syrien erlebte eine christliche Blütezeit. Doch im 6. Jahrhundert wurde die byzanthinische Herrschaft durch Erdbeben und Kriege mit den Sassaniden schwer geschwächt. So gelang es den Muslimen leicht, das Land zu erobern.

Mosaik an der Omayyadenmoschee

Mosaik an der Omayyadenmoschee

Unter muslimischer Herrschaft – Die Umayyaden

Nach dem Tod des Propheten Mohammeds begannen arabische Krieger, den Islam durch Eroberungszüge im Nahen Osten zu verbreiten. Da Kämpfe untereinander die Sassaniden und die Byzantiner geschwächt hatte, gelang es den Arabern leicht, riesige Gebiete zu erobern. 635 ergab sich Damaskus freiwillig – die christlichen und jüdischen Einwohner hatten von den Muslimen das Versprechen erhalten, ihre Religionen frei ausüben zu können. Unter der byzantinischen Herrschaft war das nicht möglich gewesen. 636 schlugen die Muslime das byzantinische Reich am Jarmuk, 642 besiegten sie die Sassaniden in der Schlacht von Nihavand und beherrschten ganz Syrien.

661 kam der Kalif Mu’awiya an die Macht. Er wählte Damaskus zur Hauptstadt des arabischen Großreiches, denn er hatte durch seine Zeit als Statthalter (634 – 656) Verbündete in der Stadt. Unter den Umayyaden dehnte sich das islamische Reich im Jahre 711 bis an die Grenze zu China, zum Indus, zum kaspischen Meer, über Nordafrika bis ganz Spanien aus.

Die Araber begannen zunehmend, die Kultur ihres Reiches zu prägen. Zu Beginn des 8. Jahrhunderts wurde das Arabische zur offiziellen Sprache und verdrängte das Persische und Byzantinische. Eigene Münzen wurden geprägt und Bauwerke wie die Wüstenschlösser Qasr ibn Wardan und Qasr al-Heir asch-Scharqi und die Umayyadenmoscheen in Damaskus und Aleppo entstanden.

Die Abassiden

750 erlangte eine andere islamische Dynastie, die Abassiden, die aus Khorazan in Zentralasien kamen, die Macht. 762 gründeten sie eine neue Stadt im Irak, die sie zu ihrer Hauptstadt machten: Baghdad. Syrien verlor an Bedeutung, die Handelsstraßen liefen jetzt durch den Irak. In der Zeit der Abassiden entstanden außer in ar-Raqqa keine bedeutenden Bauwerke in Syrien.

Nach der Herrschaft des Harun ar-Raschid – bekannt durch die Märchen von 1001 Nacht, begann das Abbassidenreich langsam zu zerfallen. Lokale Dynastien proftierten davon. In Damaskus herrschte einige Zeit ein Statthalter der ägyptischen Dynastie der Tuluniden, in Aleppo regierten die lokale Dynastie der Hamdaniden. Der hamdanidische Herrscher Saif ad-Daula machte 944 Aleppo zur Hauptstadt seines Staates. Er war ein bedeutender Mäzen und förderte Dichtkunst und Gelehrsamkeit, was Aleppo zu einem Zentrum arabischer Kultur erhob.

Die Fatimiden und Seljuken

978 eroberten die Fatimiden Südsyrien und Damaskus. Sie hatten 969 in Ägypten ein eigenes Kalifat gegründet und konnten ihren Reich bis auf Jerusalem ausdehen. Währenddessen brachten die Byzantiner den Norden Syriens wieder unter ihre Herrschaft. Zur selben Zeit vielen türkische Stämme im Irak und Iran ein. 1055 übernahm der Seljuke Toghilbek defacto die Macht im Abassidenreich und versuchte sich gegen die Fatimiden und Byzantiner durchzusetzen. Da die Seljuken immerwieder christliche Pilgerkarawanen überfielen, rief schließlich Papst Urban II die Christen zum ersten Kreuzzug auf, um Jerusalem zu befreien. Ihnen war dabei nicht bewusst, dass die Seljuken, die die Karawanen überfielen, nicht diejenigen waren, die Jerusalem besetzt hielten – höchstwahrscheinlich wäre das ihnen auch egal gewesen.

Die Kreuzfahrer

Krak des Chevaliers

Krak des Chevaliers

1098 erreichten die Kreuzfahrer Syrien. Sie folgten dem Orontes durch Hama bis zum Krak des Chevaliers, den sie einnahmen und ausbauten. Im Dezember massakrierten sie die männliche Bevölkerung von Maarat al-Numan, ganz in der Nähe der byzantinischen „Toten Städte“, weswegen sie bei den Arabern als besonders blutrünstig und brutal galten.

Die Kreuzfahrer errichteten zahlreiche Burgen und Wehrtürme in Küstennähe wie die Saladinsburg und Qal’at Marqab und eroberten 1099 Jerusalem. König Balduin (1100-1118) beherrschte den Küstenstreifen am Mittelmeer, das Hinterland eroberten er jedoch nicht. Dem kurdische Emir Nur ed-Din (1147-1174) währenddessen war es gelungen, die Seljuken zu vertreiben und er begann, die Kreuzfahrer unter Druck zu setzen. 1153 eroberte er Damaskus zurück. Sein Neffe, der große Saladin, zerschlug 1173 die fatimidische Herrschaft in Ägypten und er setzte alles daran, Jerusalem zurückzuerobern, was ihm 1187 auch gelang.

Saladin und seine Nachfolger erlaubten den Christen, wieder nach Jerusalem zu pilgern. Mit König Richard Löwenherz von England verband ihn sogar etwas wie eine Freundschaft. Es gab weitere Versuche der Christen, Jerusalem wieder in ihren Besitz zu bringen, die jedoch alle scheiterten.

Die Mamluken

Im Jahre 1260 erlangte die ägyptische Dynastie der Mameluken, ursprünglich türkische Militärsklaven, die Macht in Syrien. Ihnen gelang es unter der Herrschaft des Großen Baibars, in der Schlacht von Ain Jalut bei Homs in Palästina die Mongolen zu besiegen, die 1268 Baghdad zerstört hatten. Außerdem vertrieben sie 1291 die letzten Kreuzfahrer. Unter ihrer Herrschaft geschahen weitere Mongoleneinfälle – die Reiterhorden zerstörten 1400 Damaskus und besetzten die Stadt für 40 Tage. Dennoch konnten sie nicht lange in Syrien Fuß fassen.

Die Osmanen

Damaskus - Azm Palast

Damaskus – Azm Palast

1453 nahmen die Osmanen Konstantinopel ein. Von Istanbul, wie die Stadt nun genannt wurde, unternahmen sie große Eroberungszüge und gliederten 1516 Syrien in ihr Reich an. Das osmanische Reich dehnte sich bis nach Mekka und auf dem Balkan aus. Den Osten konnten sie jedoch nicht erobern – hier war das Safawidenreich erstarkt, das die Osmanen nicht bezwingen konnten.
Die osmanischen Statthalter regierten Syrien mit brutaler Macht und beuteten das Land aus. Sie errichteten prachtvolle Bauwerke wie den Azm-Palast und den Khan As’ad Pascha in Damaskus. Auch prägten sie die Damaszenische sowie die Aleppiner Altstadt – diue meisten der verwinkelten Gassen entstanden in der Osmanenzeit. Die Osmanen bauten außerdem eine Eisenbahnlinie bis nach Medina, um schnell Truppen in die abgelegenen Teile des Reiches transportieren zu können.

Währenddessen begannen sich die Kolonialmächte England und Frankreich für den nahen Osten zu interessieren. Sie unterhielten Konsulate, Handelsniederlassungen entstanden. Das osmanische Reich versuchte, Anschluss an den Westen zu finden, konnte jedoch mit dem technischen Fortschritt nicht mithalten. Die Macht der Osmanen begann zu schwinden. 1918 gelang den arabischen Aufständischen mit Hilfe Lawrence von Arabien die Einnahme von Damaskus. Das osmanische Reich zerbrach endgültig.

Weitere Informationen zum osmanischen Reich: osmanischesreich.de